Guido Wolf MdL

Brief zum BUGA-Auftritt des AWO-Balletts

 

Es macht uns fassungslos, wie die Geschäftsführung der BUGA Mannheim eine Tanzgruppe wegen ihrer Kostüme ausgebremst hat. Kulturelle Aneignung war der absurde Vorwurf. Am 1. Mai wurde die Gruppe in den Europapark eingeladen, wo sie ihre Vorführungen ohne Kostümzensur auf die Bühne bringen konnten: Ein Lichtblick in dieser Debatte.

Mein Kollege Michael Preusch und ich haben deshalb heute nachfolgenden Brief an die BUGA-Geschäftsführung gerichtet:

Sehr geehrter Herr Schnellbach,

sehr geehrte Damen und Herren der Geschäftsführung der BUGA Mannheim,

die Berichterstattung über den Umgang mit einer Frauengruppe der AWO, die Tänze auf der Bundesgartenschau in Mannheim aufführen will und damit eine Kulturdebatte auslöste, nehmen wir zum Anlass dieses Vorstoßes bei Ihnen. Wir sind fassungslos angesichts der Argumente, mit denen diese Tanzgruppe zuerst ganz, dann zumindest hinsichtlich ihrer Kostüme ausgebremst wurde.

Die häufigste Rückmeldung, die wir dazu aus der Bevölkerung bekommen, beinhaltete die Frage, ob wir in diesem Land eigentlich noch normal seien. Unser nachdrücklich wahrgenommener Eindruck ist es, dass sich mit diesem Vorgehen eine überwiegende Mehrheit der Bevölkerung angesichts ihres weltoffenen und auf Toleranz basierenden Werteverständnisses vor den Kopf gestoßen fühlt. So erhielt auch gestern im Rahmen des Empfangs der Landesregierung auf dem Maimarkt die Kritik von Minister Hauk deutlichen Zuspruch.

Keineswegs nachvollziehen können wir den Vorwurf der kulturellen Aneignung, wenn sich eine Tanzgruppe ihren Tänzen gemäß mit Kostümen verkleidet. Völlig skurril wird diese Argumentation aber dann, wenn ein am Ende gefundener Kompromiss darin mündet, dass die Frauen als „Mexikaner“ zwar Ponchos, nicht aber Sombreros tragen dürfen. Was bitte ändert sich dadurch in der kulturellen Bewertung? Geht es hier nur noch um das Prinzip des Rechthabens oder spielt Vernunft bzw. gesunder Menschenverstand am Ende gar auch noch eine Rolle?

Machen wir uns der kulturellen Aneignung in gleicher Weise schuldig, wenn wir die geliebte Pizza beim Italiener um die Ecke verspeisen, oder den Döner im türkischen Imbiss? Schon dieser Vergleich macht doch deutlich, dass sich hier eine Meinungsdiktatur einzuschleichen droht, die sich fernab dessen bewegt, was der überwiegende Teil der Bevölkerung tatsächlich fühlt und empfindet.

Sehr geehrter Herr Schnellbach, sehr geehrte Mitglieder der Geschäftsführung, es gibt noch Lichtblicke: Der Europapark in Rust hat die AWO-Tanzgruppe aus 17 Frauen zwischen 60 und 82 eingeladen und ihr die Möglichkeit eröffnet, am ersten Mai in der von ihr gewählten Verkleidung aufzutreten, ohne sich jeglicher Kostümzensur unterziehen zu müssen. Der Europapark begründet dies damit, traditionell für alle Kulturen offen zu sein und Toleranz zu pflegen. Wir würden uns wünschen, dass diese Begründung auch Sie überzeugt und motiviert, jetzt Größe zu zeigen. Veranstalten Sie die BUGA doch auch mit nicht unerheblichen öffentlichen Zuschüssen, weshalb Sie gut beraten wären, nicht derart gegen den gesunden Menschenverstand und das natürliche Werteempfinden der großen Mehrheit im Land zu agieren.

Mit freundlichen Grüßen

Guido Wolf MdL             Dr. Michael Preusch MdL